(6) Die Schützentracht

(6) DIE SCHÜZTENTRACHT ODER UNIFORM

Wir haben uns daran gewöhnt, mehr von der Schützentracht als von Uniform zu sprechen. Dazu hat gewiss für die Generation, die das "Dritte Reich" erlebt hat, die damalige totale Zwangsuniformierung geführt. Im Grunde besagen aber beide begriffe das gleiche,

nämlich einheitliche Kleidung. Aber einheitlich gekleidet herumzulaufen, das war nach 1945 eine Zeit lang verpönt. Dabei hat dies mit militärischem Auftreten zunächst überhaupt nichts zu tun. Trugen doch viele Berufsstände früher und zum Teil noch heute eine solche einheitliche Tracht. Bäcker, Metzger, Maurer, Zimmerleute, Tischler, Köche und viele andere erkannte man daran. Das hatte ja den Vorteil, dass man wusste wer jemand war. Dass Bahnbeamte und Straßenbahnschaffner Uniform trugen, hatte ja auch von daher was

für sich. Dass eine junge Generation, die einheitlich in Jeans und Parker herum lief, noch gegen Uniformierung war, ist schon ein Witz für sich. Nicht mal mehr ein Gesangverein tritt heute ohne einheitliche Kleidung auf. Die Clubjacke mit dem Vereinswappen ist durchaus salonfähig. Von daher wird wohl heute auch die Schützentracht anders gesehen. Wichtig ist nur, dass nicht aus falsch verstandener Tradition an Überholtem festgehalten wird. Die Bundeswehr trägt auch keine Uniformen von 1800 mehr. Die Bruderschaften vor der Zeit der Auflösung durch Napoleon trugen landschaftlich die unterschiedlichsten Trachten. Wenn man in Bayern und Tirol die Gebirgsschützenkompanien aufziehen sieht, kann man davon etwas ahnen. Auch bei den großen Bundesfesten wird vereinzelt noch etwas sichtbar von echten alten Trachten.

Als dann im preußischen Rheinland die Schützengesellschaften und Bruderschaften wieder entstanden, wurde dies von Seiten der Regierungspräsidenten und Landräte mit der "erforderlichen Gründlichkeit" gemacht. Die Uniform wurde einheitlich festgelegt auf den zweireihigen Schützenrock, damals noch lang, später kurz, sowie auf das gebräuchliche militärische Zubehör wie Feldbinde, Degen, Federbüsche u.a.m. Von Neugründungen wurde dies kritiklos übernommen, heute würde man sagen: es war eben in.

Nach dem letzten Krieg sah man manches differenzierter. Sicher, auch in Buchholz wurden die alten Uniformen zunächst einmal herausgeholt, soweit noch vorhanden. Aber als es an die Anschaffung neuer Trachten ging, wurde hier etwas anders. Die neuen Mitglieder lehnten zum Teil ab, Feldbinde und Degen zu tragen, nur weil sie dieses oder jenes Amt übernehmen sollten.

Die Jägerkompanie war dann die erste Kompanie, die eine völlig abweichende Tracht trug, andere Kompanien zogen nach. Der Degen verschwand mit dem Offizierskorps. Als einziges "Gewehr" ist ein sehr schöner Hirschfänger geblieben, den der Schützenoberst bei großen Aufzügen trägt. Dieser wurde früher vom ersten Brudermeister getragen. Auch der Chronist hat ihn anfangs noch getragen, dann aber an den Schützenoberst abgegeben.

Vielleicht vermisst der eine oder andere die bunten Federbüsche, Degen und Feldbinden. Dazu wäre zu sagen, dass der Bruderschafts-Vorstand ja keine Kompanie oder Gruppe daran hindern würde, so aufzutreten, wenn sie es wünschte. Aber bisher hat es noch niemand gewollt. Selbst ein Hut zur Tracht ist bei den jungen Menschen nicht zwangsweise durchsetzbar. Entscheidend bleibt, dass das Tragen solcher alten Dinge nichts mit der Übernahme eines Amtes zu tun hat. Auch das früher übliche Schulterstück zur Uniform ist dadurch weniger zu sehen. Praktisch ist es so, dass man um der Kenntlichmachung willen sich in Buchholz auf drei Formen solcher Schulterstücke geinigt hat. Der Vorstand, d.h. sechs Personen, tragen goldgeflochtene Schulterstücke, jedoch ohne irgendeine Unterscheidung durch Sterne. Schützenoberst, sein Vertreter und der Königsadjutant tragen solche in silbergeflochtener Ausführung, der Kompanieführer kann(!) glatte silberne Schulterstücke tragen. Das Motto heißt eben, Einheitlichkeit nur da, wo sie unbedingt nötig ist. Wir dürfen aber auf keinen Fall in den Fehler verfallen, das was wir nach 1945 für richtig gehalten haben, als ein Evangelium festzuschreiben. Auch heute geht die Zeit weiter.