(3) Die Geschichte der St. Sebastianus Schütenbruderschaft - Seite 1

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Es war für die Buchholzer keine Frage, ob sie der 1928 gegründeten Erzbruderschaft beitreten sollten. Sie hatten schon vorher engen Kontakt zu den Nachbarbruderschaften gepflegt, der Anschluss an die größere Gemeinschaft war nur ein folgerichtiger Schritt. An den Bildungstagen in Maria Laach, die unter Leitung des Abtes Dr. Ildefons Herwegen standen, nahmen Buchholzer Schützenbrüder rege teil. Als es zur Bildung eines Bezirksverbandes im Raume Angermund kam, war es unser pflichteifriger Präsident (so wurde damals der Brudermeister genannt) Wilhelm Klasen, der die Leitung übernahm und eine fruchtbare Zusammenarbeit erwirkte; die Schützen aus Großenbaum, Rahm, Angermund, Selbeck, Kalkum, Wittlaer, Serm, Mündelheim und Huckingen beteiligten sich.

Nach dem Gründungsjahr der Erzbruderschaft 1928 traten schwere Zeiten ein, nicht nur für die Bruderschaft, sondern für das ganze Volk, dem zu dienen sie als eine ihrer Aufgaben ansieht. 1929 bis 1933 drückte die immer größer werdende Not im Gefolge der Weltwirtschaftskrise, von deren Auswirkungen man in diesen Jahren fast in jedem Protokoll lesen kann: "Schützenfestwird in bescheidener Form gefeiert", „Beitragsermäßigung“,"Sonderbeitrag für Arbeitslose", "Hilfe für Notleidende" usw.

 

Nach 1933 wird immer spürbarer, wie der Einfluss der "Bewegung" die Arbeit einengte. 1936 kam der Schlussstrich; wie viele andere katholische Organisationen wurden auch Erzbruderschaft und Schützenbruderschaften aufgelöst. Jeder Schützenbruder musste nun 10 Jahre hindurch sich als Mann in Treue zu seinen Idealen bewähren. Es ist erfreulich, dass viele die Bewährung bestanden, jeder auf seine Art.

Nach dem Zusammenbruch Deutschlands im Jahre 1945 lag für die ersten Monate alles am Boden. Aber es ist erstaunlich, wie bald nach diesem niederschmetternden Erlebnis des Krieges wieder neues Leben sich regte. Und hier muss wieder der Name eines Mannes genannt werden: unser Schützenbruder und ehemaliger Bezirksbundesmeister Walter Zweers übernahm freudig die schwierige Aufgabe, die Treu gebliebenen und die Enttäuschten zu mutigem Neubeginn zu sammeln, unterstützt von der Gründergeneration der Bruderschaft.

 

1949 konnten wir im Beisein des Generalpräses Dr. Louis und des Oberbürgermeisters der Stadt Duisburg ein der Zeit entsprechend bescheidenes, aber doch eindrucksvolles Fest feiern. (Hier bleibt dem Chronisten nachzutragen, dass Buchholz seit 1929 Teil der Stadt Duisburg ist.) Ein erfreuliches Ergebnis des neuen Anfangs war, dass sich erstmals auch Jungschützen zur Mitarbeit in der Bruderschaft bereitfanden. Sie sind heute so sehr ihr Bestandteil, dass eine Arbeit ohne sie nicht denkbar wäre. Aus ihrer Schar sind im Laufe der Jahre viele Schützenbrüder hervorgegangen, die heute führend mit tätig sind.

 

Unsere Arbeit ist geprägt von dem Leitsatz des Bundes "Für Glaube, Sitte, Heimat". Diese Devise wird oft kritisiert, ja mit Spott zitiert, vor allem, weil die darin genannten Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch missverstanden werden. Darum muss der Chronist darauf näher eingehen. Er nimmt in diese Darstellung Gedanken unseres Hochmeisters Graf Spee hinein, geäußert beim Bundeskönigschießen 1973 in Koblenz.

"Glaube" darf nicht dargestellt werden als schematisches Herunterleiern von Dogmen, als gedankenloser Vollzug von Riten und als einzwängende, angstweckende Pflichtübung. Glaube sollte als etwas Befreiendes, jeden Beglückendes aufgezeigt und gelebt werden. Freiheit, Herzenswärme mit Verständnis und Hilfsbereitschaft für die Not der Benachteiligten und lebendige Hingabe - das ist der Kern des christlichen Glaubens. Solche Feststellungen können nicht im leeren Raum leben, darum unsere Bindung an die Kirche. In vielfältiger Weise versucht die Bruderschaft dem gerecht zu werden, nur einige Beispiele dafür: Bei kirchlichen Feiern wie Erstkommunion, Fronleichnamsprozession u.a. sowie beim Martinszug übernimmt sie Ordnungsaufgaben; Schützenbrüder übernehmen immer wieder Dienste in der Pfarre wie Kirchenvorstand, Pfarrgemeinderat u.a.

 

Mit dem Wort "Sitte" ist sowohl Tradition wie Sittlichkeit angesprochen. Beide aber sind heute fast verfemt, weil sie als Folge jahrelangen Missbrauches nicht mehr richtig verstanden werden. Tradition formt das Heute aus dem Gestern in das Morgen. Also bedeutet Tradition etwas nach vorne in die Zukunft Gerichtetes. Tradition beginnt eben dort, wo der Vorgänger aufhörte zu wirken. "Wer die Vergangenheit nicht kennt, wird die Zukunft nicht in den Griff bekommen" (Golo Mann). Das Leben eines Menschen reicht nicht aus, alle für ihn wichtigen Tugenden selbst zu erfinden, hier muss jeder aus der Erfahrung früherer Generationen lernen. Die Tradition erweist sich als unvermeidbare Quelle menschlicher Erfahrung.

Dagegen: ein Abreißen der Tradition kann alle kulturellen Normen sozialen Verhaltens wie eine Kerzenflamme auslöschen. „Radikale Gesinnung wächst meist aus einem engen Bewusstsein“ (Karl Steinbuch).

Sittlichkeit, oft diffamiert als moralinsaures Pharisäertum, ist nicht mehr und nicht weniger als die Grundvoraussetzung menschlichen Zusammenlebens. Oder kann eine Gesellschaft bestehen, ohne dass der Einzelne in ihr etwa das Leben, die Gesundheit oder das Eigentum des anderen achtet? Und wenn heute die Zahl der durch Fahrlässigkeit und Leichtsinn auf der Straße Verletzten und Getöteten immer mehr zunimmt, wenn ungeborenes Leben in immer größerem Umfang ungestraft getötet wird, dann muss man an das Wort des weltbekannten Philosophen Arnold J. Toyenbee denken: "Die Lücke zwischen der Technik und dem sittlichen Verhalten der Menschen beunruhigt mich, und diese Lücke vergrößert sich von Tag zu Tag". Wie diese Dinge vom einzelnen Schützenbruder vollzogen werden, gehört zum eigenen Verantwortungsbereich. Er kann aber nicht schweigen, wenn Entwicklungen in der Gesellschaft diese Grundlagen der Menschlichkeit in Frage stellen! Ein Teil der Tradition ist die Brauchtumspflege, maßvolle Fröhlichkeit in volkstümlich überlieferten Formen, wie Sie sie z. B. beim Schützenfest kennen.