(1) Die historischen Bruderschaften

(1) DIE HISTORISCHEN DEUTSCHEN SCHÜTZENBRÜDERSCHAFTEN

Bruderschaften sind kirchliche Vereine, die "neben der Pflege christlicher Liebestätigkeit noch satzungsgemäß zur Erhöhung des öffentlichen Gottesdienstes beitragen wollen"

(Kirchl. Gesetzbuch canon 707, § 2.)

Als älteste Bruderschaft kann wohl die in Konstantinopel angesehen werden, die im Jahre 336 sich der Begleitung und Bestattung der Leichen widmete, einem Dienst am Nächsten, der heute kaum noch ohne Bezahlung verrichtet wird.

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Im deutschen Raum trugen traurige Ereignisse zur Bildung der ältesten Bruderschaften bei: Im Mittelalter wütete die Pest und entvölkerte ganze Dörfer und Städte. Die Toten blieben aus Angst vor Ansteckung unbeerdigt liegen, die öffentliche Ordnung kam zum erliegen, Plünderungen u.ä. Verbrechen griffen um sich. In dieser Not fanden sich Männer, die sich den letzten Dienst am Mitbruder zur Aufgabe machten und die Toten zu Grabe trugen. Diese "Pestbruderschaften" erkoren St. Sebastianus zu ihrem Patron. Er galt als Schutzheiliger der Pestkranken, weil man sich die Verbreitung der Pest in Unkenntnis der medizinischen Zusammenhänge als das Wüten von Pestdämonen vorstellte, die mit von der Pest vergifteten Pfeilen die Menschen beschossen. St. Sebastian, der nach der Legende als römischer Hauptmann eine Hinrichtung durch Pfeilschützen auf wunderbare Weise lebend überstanden hatte, sollte auf ebenso wunderbare Weise die Menschen vor den Pestpfeilen schützen.

Das Pfeilsymbol in Verbindung mit Sebastianus hat also ursprünglich nicht den Sinn der Waffe, mit der geschossen, sondern vor der man geschützt wird. Später übernahmen die Pestbruderschaften auch Ordnungsaufgaben. Mit der Erstarkung der Städte im 14. Jahrhundert traten die Ordnungsaufgaben mehr in den Vordergrund, es entstanden Schützenbruderschaften, die sich der Wehrhaftigkeit der Bürger zum Wohle Ihrer Vaterstadt widmeten. Die älteste dieser Art ist die "Junggesellen-Schützenbruderschaft" von Kempen, die 1303 gegründet wurde.

In unserer Mutterpfarre Huckingen existiert seit 1687 eine Bruderschaft, in Duisburg seit 1420. Doch nicht nur der Schutz der Heimatgemeinde war Ziel und Zweck, meist wurde auch die Armenpflege und das Geleit des Allerheiligsten bei der Gottestracht am Fronleichnamstage fester Bestand der Bruderschaftstätigkeit.

Einmal im Jahre fand man sich allgemein zum wohlverdienten Frohsinn ein - zum Schützenfest mit der Kür des "Schützenkönigs". Wer wollte es denen verdenken, die das Jahre über fürs Gemeinwohl tätig waren?

Da die Bruderschaften neben den Zünften und Gilden tiefe Wurzeln im kirchlichen Leben des Mittelalters geschlagen hatten, gingen sie teilweise, vor allem in den Städten, im Zeitalter der Aufklärung und Säkularisierung im 18. Jahrhundert unter oder sie übernahmen im 19. Jahrhundert vielfach die nationale Aufgabenteilung der Schützenvereine und -bünde. Hauptsächlich auf dem Lande hielten sich auch noch Bruderschaften alter Tradition.

Es ist das Verdienst des Schulrates Peter Lankes aus dem Bezirk Viersen und unseres unvergesslichen Generalpräses Dr. Peter Louis, dass in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts die Geschichte der Bruderschaften wieder der Öffentlichkeit nahe gebracht wurde. Die Arbeit trug Früchte. Im Jahre 1928 wurde in Köln im Beisein von 5000 Schützenbrüdern die „Erzbruderschaft vom Heiligen Sebastian“ gegründet. Das Präsidium übernahm Se. Durchlaucht Fürst zu Salm-Reifferscheidt-Dyck. 1936, vor der Auflösung durch die Nationalsozialisten, gehörten ihr 1043 Organisationen an.

Nachder Zwangspause sollte 1946 ein neuer Beginn gewagt werden. Die damaligen Besatzungsmächte ließen aber eine Wiederbegründung der Erzbruderschaft nicht zu. Dank unermüdlicher Arbeit von Dr. Peter Louis und Fürst zu Salm-Reifferscheidt-Dyck konnten dann "Diözesanverbände der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften"

gegründet werden, die sich 1951 nach Bildung der Bundesrepublik Deutschland zum "Zentralverband" unter Generalpräses Dr. Peter Louis und dem Hochmeister Fürst zu Salm-Reifferscheidt-Dyck zusammenschlossen.

Sie werden fragen, lieber Leser: "Was soll das alles? Der Verein besteht doch erst 50 Jahre? Wo steckt die Tradition?" Lesen Sie bitte weiter.